Dawson Creek
Der Alaska Highway wurde 1941 als Versorgungsstraße von der US Army begonnen und nach nur 9 Monaten Bauzeit unter widrigsten Umständen fertiggestellt. Zunächst war er nichts weiter als ein besserer Feldweg, der über 1400 Meilen mitten durch die Wildnis Kanadas und Alaska führte. Später sollte er immer weiter ausgebaut und verbessert werden, bis zu dem Zustand in dem sich die Straße heute befindet - eine gut ausgebaute Teerstraße, mit allen Annehmlichkeiten, wie Tankstellen, Motels, Einkaufsmöglichkeiten und RV-Plätzen, für Reisende auf ihrem Weg nach Alaska. Der Alaska Highway war ursprünglich 1422 Meilen lang und führte von Dawson Creek in British Columbia, Kanada, nach Delta Junction in Alaska. Im Laufe der Zeit wurde die Straße immer wieder verlegt und verändert, sodass sich die Strecke heute auf 1398 Meilen "verkürzt" hat. Noch immer kann man aber ursprüngliche Abschnitte des "ersten" Highways finden und befahren, wobei man dann nicht allzusehr um den Zustand des Fahrzeuges und vor allem den Lack besorgt sein sollte.
Wir haben Dawson Creek bei schönstem Wetter und strahlend blauem Himmel erreicht und haben uns für das obligatorische Foto vor dem Schild am Visitor Center positionert. Danach stand natürlich ein Besuch im Visitor Center an, in welchem eine sehr interessante Ausstellung über den Bau und das Leben an und mit dem Highway gezeigt wird. Danach sind wir noch ein bisschen durch das kleine Dawson Creek spaziert und mussten feststellen, dass sich der eigentliche, ursprüngliche Startpunkt des Highways gar nicht wie vermutet, an dem großen Schild am Visitor Center befindet, sondern ca. 2 Blocks weiter südwestlich und durch einen Mile 0 Post mitten auf der Kreuzung markiert ist.
Für Jakob und Steffen wurde es mal wieder Zeit für einen Friseurbesuch, um dem Wildwuchs wehnigstens ein bisschen Einhalt zu gebieten. Nach einigen Startschwierigkeiten mit Umrechnungsfaktoren von verschiedenen Längeneinheiten (von Millimetern hat man hier noch nichts gehört, alles wird in Zentimetern amgegeben, aber die Aufsätze der Haarschneidmaschine sind in Inch bemessen...) war das Ergebnis doch einigermaßen ansehnlich und man konnte uns wieder unter Leute lassen. Zurück an unserer Dori wartete schon Bob auf uns. Ohne uns zu kennen, lud er uns spontan zu sich nach Hause ein, um die Nacht auf seinem Grundstück in der Nähe zu verbringen. Sein Grundstück stellte sich als liebevoll angelegter Garten mit wunderschön restauriertem Farmhaus samt Nebengebäuden , umgeben von weitläufigen Rasenfläachen und Waldgebieten heraus. Neben einem kleinen Weiher, sollten wir uns mit unseren Fahrzeugen hinstellen und uns anschließend zu ihm und seiner Frau zu einem kleinen Bierchen gesellen. Nach und nach kamen immer mehr Nachbarn vorbei, um sich mit den seltsamen Ausländern zu unterhalten. Was als kurzes Gespräch begann, gestaltete sich immer mehr zu einem geselligen und lustigen Abend, wobei jeder der Anwesenden einem das Gefühl gab, wirklich herzlichst wilkommen und unter Freunden zu sein. So wurde gemeinsam das ein oder andere Bierchen oder Weinchen geöffnet und bis spät in den Abend gelacht und unterhalten. Jakob durfte mit Bob eine Runde auf dem Quad drehen und ein echtes Elchgeweih aus der Nähe untersuchen..
Der Abschied am nächsten Morgen fiel uns allen schwer, denn wir hatten wirklich das Gefühl als Gäste gekommen und als Freunde gegangen zu sein. Diese Begegnungen machen einen großen Teil dessen aus, was das Reisen so wertvoll macht. Danke Bob für deine Gastfreundschaft und deine Herzlichkeit.
Unseren nächsten Übernachtungsplatz fanden wir auf einem alten, verlassenen Campingplatz etwas abseits der Straße. Damit haben wir von den allgegenwärtigen übergroßen und lauten Trucks und Semis nicht wirklich viel mitbekommen und hatten eine wirklich erholsame Nacht. Etwas zu schaffen macht es uns allerdings, dass es hier nun kaum noch wirklich dunkel wird und die Sonne tatsächlich nur 2-3 Stunden vom Himmel "verschwindet". Dadurch können wir nur sehr schwer abschätzen wie viel Uhr es gerade ist. 23 Uhr nachts fühlen sich an wir 19 Uhr abends und um 6:30 morgens glaubt man, es sei schon 9 Uhr. Aber der Mensch gewöhnt sich ja bekanntlich an alles. Unterwegs sind wir an einigen alten, aber auch aktuellen Waldbrandgebieten vorbeigefahren. Der Rauch lag teils noch schwer in der Luft und in der Ferne stiegen noch einige Rauchsäulen in den Himmel. Kein Wunder also, dass im gesamten Gebiet des nördlichen British Columbia ein strikter fire ban, also ein absolutes Verbot von offenem Feuer besteht. Natürlich halten wir uns daran und lassen unseren Grill heute aus. Ein schöner Abend wird es trotz der hier allgegenwärtigen Stechmücken allemal. Unterwegs sehen wir unseren ersten Schwarzbären am Straßenrand.
Northern Rockies
Der Alaska Highway schlängelt sich im nördlichen British Columbia durch dichten Kiefernwald. Hier und da stechen auch mal ein paar Birken hervor. Es geht mal über sanfte Hügel, mal über tiefe Schluchten und entlang schroffer Klippen, aber immer durch endlose Wälder, die von zahllosen Seen und Flüssen durchzogen sind. Bis plötzlich die nördlichen Rocky Mountains vor einem liegen und damit das dominierende Grün, von Grau, Schwarz, Weiß und Blau abgelöst wird. So stellt sich auch unser nächstes Ziel als echte Perle an Szenerie heraus. Muncho Lake ist ein Bergsee mit kristallklarem Wasser, der aus mehreren Gebirgsbächen, der umliegenden Berge gespeist wird. An verschiedenen Stops kann man immer wieder einen Blick auf den See erhaschen und mit etwas Glück, lassen sich Bergziegen oder Dall-Schafe auf den Kämmen und Graten blicken. Entlang des Sees gibt es mehrere Provincial Campgrounds mit einfachster Ausstattung (Outhouse, Mülleimer, Picknicktische - that's it), aber dafür mit sagenhaftem Blick direkt am Wasser. Leider waren alle Plätze an unserem Ankunftsabend bereits belegt - Reservieren ist nicht... hier gilt first come, first served - aber auf dem einzigen privaten und damit völlig überteuerten Campingplatz am See wollten wir uns nicht einbuchen. Also suchten wir uns einen Parkplatz am Rande des Highways und fanden einen schönen Platz in einem alten Creek, der auch von Einheimischen gerne zur Beobachtung der örtlichen Fauna genutzt wird. Am nächsten Morgen versuchten wir erneut unser Glück bei den Provincial Campgrounds und wurden gleich beim ersten fündig. Der Platz gefiel uns so gut, dass wir gleich drei Nächte dort blieben. Hier konnten wir Elche beim Baden beobachten und Caribus beim Früstück zuschauen. Jakob gefiel natürlich der direkte Zugang zum See am besten, konnte er so doch jederzeit seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Steine ins Wasser werfen. Gleich danach kommen übrigens Pfützen springen und - Achtung Klischee - mit seinem Bagger spielen.
Unser weiterer Weg führte uns zum Liard Hot Springs Provincial Park, ca. zwei Stunden Fahrtzeit vom Muncho Lake entfernt. Unterwegs ließ sich auch unser erster Grizzly blicken. Die Liard Hot Springs sind natürliche, heiße Quellen, die in einen naturbelassenen See fließen, sich dort mit kaltem Oberflächenwasser mischen und somit einen ganzjährig warmen Pool entstehen lassen. Von dort fließt das Wasser über einen kleinen Wasserfall in einen zweiten, etwas kälteren Pool um sich dann über eine weite sumpfige Ebene zu verteilen. Durch das heiße Wasser bleiben auch im Winter weite Teile des anschließenden Sumpfgebietes eisfrei und bildet somit einen idealen Lebensrauf für vielerlei Tiere. Darunter Elche, Schwarz- und Braunbären. Übrigens gehören Braun- und Grizzlybären derselben Spezies an und unterscheiden sich nur über ihren Lebensraum und ihren Speiseplan.
Der Weg vom Campground zu den Hotsprings führt über Holzstege, die Besucher trockenen Fußes durch den Sumpf führen. Nun fühlen sich nicht nur Menschen auf den Holzstegen wohl. Für die tierischen Bewohner bieten diese eine bequeme Möglichkeit, sich möglichst einfach durch den Sumpf zu bewegen. Daher sind Begegnungen mit den tierischen Bewohnern gar nicht so selten. Hier sollte man sich wirklich an die deutlichen Sicherheitshinweise, wie man sich bei Begegnungen verhalten soll, halten und nicht zu leichtsinnig handeln. Bären sind wir (glücklicherweise) nicht begegnet, aber der ein oder andere Elch hat sich hin und wieder gezeigt und für die Kamera posiert.
Auch wir haben das warme Wasser genossen. Den Schwefelgeruch hat man bald verdrängt und die Natur ringsum macht das Baden zu einem ganz besonderen Erlebnis. Der obere Pool war uns mit seinen fast 45°C zu heiß und so haben wir uns lieber im unteren Becken bei angenehmen 38°C weichkochen lassen. Jakob hat das baden sichtlich Spass gemacht und er war gar nicht mehr aus dem Wasser zu bekommen. Zwei Tage haben wir auf dem angeschlossenen provincial Campground verbracht und uns danach weiter Richtung Norden aufgemacht. Kurz nach der Abfahrt sahen wir uns plötzlich mitten in einer Herde wilder Bisons stehen. Diese Tiere sind in dem Gebiet zwischen Muncho Lake und den Liard Hot Springs häufiger anzutreffen. Angeblich sollen die heute existierenden Herden von Tieren abstammen, die einst aus einer Bisonfarm ausgebrochen sind und sich in den umliegenden Wäldern sozusagen selbst ausgewildert haben. Genau weiß man das aber allerdings nicht. Jedenfalls haben sich diese riesigen Tiere in keinster Weise von uns aus der Ruhe bringen lassen und sind ruhig weiter ihrer Wege gezogen. Bei genauerem Hinschauen konnten wir auch mehrere hellbraune Kälber in der Herde erkennen.
Uns führte der Alaska Highway weiter Richtung Nord-Westen, bis wir schließlich die Grenze zum Yukon Territory erreichten. Immer wieder wechselt der Highway zwischen BC und Yukon hin und her, verläuft mal in der einen, mal in der anderen Provinz, bis er schließlich hinter Watson Lake endgültig im Yukon Territory verläuft. Watson Lake ist eigentlich nichts weiter als eine Ansammlung von Motels, Tankstellen und Roadhouses, die von ein paar einfachen Wohnhäusern umrahmt werden. Trotzdem gehört der Ort zu einer Reise auf dem Alaska Highway für jeden Reisenden zum Pflichtprogramm, beherbergt er doch die größte Ansammlung von Schildern aller Art weltweit. Über 100.000 Schilder sollen inzwischen im Schilderwald an dutzenden Pfählen befestigt worden sein. Dabei ist der Schilderwald aus der Laune eines Soldaten während des Baus des Alaska Highways entstanden sein. Carl K. Lindley hatte die Aufgabe, die während des Baus beschädigten Schilder mit Entfernungsangaben zu erneuern und schrieb aus Heimweh die Entfernung zu seinem Heimatort mit auf ein zusätzliches Schild und hing es mit an den Sign Post. Andere taten es ihm gleich und schnell wurden immer mehr Pfosten für immer neue Schilder aufgestellt. Seit Neustem zieren den Schilderwald auch zwei weitere Schilder. Die extra für diesen Zweck mitgebrachten Nummernschilder unserer Dori und von Bruno von Trackpoints 4x4 haben wir an diesem Ort verewigt.
Unser Nachtlager haben wir hinter Watson Lake am Liard River aufgeschlagen. Unterwegs hat sich uns noch eine Kanadierin in ihrem Van angeschlossen, sodass wir schließlich mit drei Fahrzeugen an unserem ausgesuchten Stellplatz ankamen. Vor Ort haben wir noch einen Overlander aus Mannheim getroffen und später kam noch eine französische Familie in ihrem MAN von Unicat vorbei, sodass sich insgesamt 5 Fahrzeuge für die Nacht an diesem schönen Plätzchen eingefunden haben. Tags darauf machten wir uns auf in Richtung Whitehorse, unserem nächsten größeren Stop auf unserer Reise entlang des Alaska Highways. Allerdings nicht, ohne uns unterwegs die größeren und kleineren Naturschönheiten, die diese Provinz zu bieten hat, anzusehen. Insgesamt brauchten wir von Watson Lake, weitere zwei Tage zu unserem Etapenziel, welches gleichzeitig die Hauptstadt der Provinz bildet zu erreichen. Hier sollte uns Steffens Bruder besuchen, der uns für die kommenden fünf Wochen auf unserer Reise durch Alaska begleiten wird. Außerdem hat er die Aufgabe bekommen, einige Dinge aus der Heimat mitzubringen, die es nichtmehr rechtzeitig in unsere Dori geschafft haben oder die sich im Laufe der bisherigen Reise als nützlich erwiesen hätten, hier aber nicht, oder nur schwer zu bekommen sind. In den Sommermonaten bedient Condor Whitehorse von Frankfurt aus mittels Direktflug einmal pro Woche. Damit war Whitehorse als Treffpunkt für uns bereits lange im Voraus gesetzt. Vor Ort buchten wir uns auf dem örtlichen Campingplatz ein, der gleichzeitig Doris zu Hause für die nächsten neun Tage werden sollte. Während Steffen und sein Bruder Philipp ihre mehrtägige Kanutour entlang des Yukons unternehmen, sind Jakob und Julia, zusammen mit Manni und Moni von Trackpoints 4x4 vor Ort geblieben um hier auf die beiden Abendteurer zu warten.