Seward

Seward

Seward erreichten wir am 30.Juni. Den Stellplatz am Hafen haben wir für zwei Nächte im Vorraus gebucht. Da die Bootstour um 8:00 starten sollte und wir uns bereits eine Stunde zuvor am Hafen einzufinden hatten, war der städtische Stellplatz an der Küstenlinie für uns die sinnvollste (und innerhab der Ortsgrenzen auch die einzige) Option. Hier konnten wir unsere Dori auch während der Tour parken und mussten nicht noch einen passenden Parkplatz suchen.
Unsere Bootsfahrt durch den Kenai Fjords Nationalpark haben wir mit Kenai Fjords Tour unternommen. Die Fahrt sollte uns 6 Stunden lang durch den Nationalpark führen. Vorbei an schneebedeckten Bergen, kahlen Felsen, bewaldeten Hängen und gewaltigen Gletschern führte unsere Route.
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Punkt 7 Uhr fanden wir uns am Hafen im Büro des Touranbieters ein, um uns einzuschiffen und unsere Tickets abzuholen. Danach ging es zu den Docks, wo unser Schiff bereits für die Tour vorbereitet wurde. Um 7:30 durften wir auf das Schiff. Davor blieb noch genug Zeit, sich mit einem Kaffee und einem kleinen Frühstück "auf die Hand" zu versorgen. Bereits bei der Ausfahrt aus dem Hafen, wurden wir von einigen neugierigen Seerobben begleitet, die aber bereits bald das Interesse an unserem Schiff verloren und zurück in den Hafen schwammen, um sich dann mit dem nächsten Boot zu vergnügen.
Die Fahrt durch den Fjord, an dessen Ende Seward liegt, war kurzweilig und interessant. Unser Käpt'n Steve wusste viel über die Stadt Seward, ihre Umgebung und ihre Geschichte zu erzählen. Bereits nach einigen Minuten erhaschten wir aus dem Augenwinkel die Bewegung einer Flunke. Diese gehörte zu einem Buckelwal, die hier her kommen, um in den geschützten Buchten ihre Kälber aufzuziehen. Leider tauchte das Tier nicht wieder auf und nach 10 Minuten warten, setzten wir unsere Fahrt in Richtung offenes Meer fort. Buckelwale können bis zu 20 Minuten unter Wasser bleiben. Daher machte es für uns keinen Sinn, noch länger zu warten, denn die Strecke, die das Tier in dierer Zeit zurücklegen kann, lässt sich dann bis zum nächsten Luftholen des Tieres nicht mehr aufholen. Kurz darauf kamen wir an einem von Seelöwen bevölkerten Küstenabschnitt vorbei. Dieser felsige Strand wurde von der Universität von Alaska mit Kameras ausgerüstet um diese, an Land zugegebenermaßen etwas schwerfällig wirkenden Tiere, zu studieren und zu Forschungszwecken aufzuzeichnen. Ein positiver Nebeneffekt dieser Kameras resultiert in dem Verhalten der unzähligen Boote gegenüber den Tieren. Da die Kameras die Aufzeichnungen speichern und regelmäßig an die Universität schicken, achten die Skipper peinlichst genau darauf, den Tieren nicht zu nahe zu kommen, um mit ihren Booten nicht selbst auf den Aufzeichnugnen verewigt und zur Rechenschaft gezogen zu werden. Grundsätzlich muss aber auch erwähnt werden, dass ich nie das Gefühl hatte, dass unser Kapitän auch nur irgend einem Tier zu nahe gekommen ist. Nach meiner amateurhaften Einschätzung wurde immer auf einen ausreichenden Abstand zu den Meeresbewohnern geachtet.
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Die Seelöwen jedenfalls, fühlten sich durch uns in keiner Weise gestört und gingen ihrem gewöhnlichen Treiben nach. Die Weibchen lagen auf den Felsen und sonnten sich, während die Männchen sich gegenseitig in Rangkämpfe verwickelten. Ein Jungbulle nutzte die Chance und erklomm den höchsten Felsen am Strand. Ein Affront gegen den amtierenden Oberbullen, der natürlich sofort zur Verteidigung seines Stammplatzes ansetzte. Es ist wirklich erstaunlich wie behände diese Tiere über Felsen klettern können. Der Jungbulle versuchte, dem Obermacker irgendwie zu entkommen und sein vergleichsweise geringes Gewicht zum Vorteil zu nutzen. Allerdings bot der Felsen nicht viele Ausweichmöglichkeiten, sodass er sich nur noch durch einen beherzten Sprung nach unten vor einer ordentlichen Tracht Prügel zu bewahren wusste. Leider landete er nach seinem drei-bis-vier-Meter Sprung nicht im Wasser, sondern auf hartem Fels, sodass er dann bäuchlinks mit den Hinterflossen voraus die restlichen Meter ins Meer rutschte. Ein drolliges Bild mit äußerst ernstem Hintergrund. Machtkämpfe zwischen zwei Männchen können bisweilen verbissen bis zum Tode eines der beiden Kontrahenten geführt werden.
Auf der Fahrt durch den Nationalpark begegneten wir auch immer wieder unzähligen Papageientauchern auf Beutezug. Diese posierlichen Vögel erinnern mit ihrem auffällig rot-orangenen Schnabel zwar nur entfernt an einen Papagei, sondern vielmehr an einen kleinen flugfähigen Pinguin, der eine "dicke Lippe" riskiert hat. Allerdings sind diese Tiere ausgezeichnete Taucher, die auf ihrer Suche nach Fischen durchaus bis zu 20 Meter tief tauchen können. Eine Besonderheit dieser Vögel ist, dass sie keine Nester bauen, sondern ihre Eier einfach auf den nackten Fels legen. Eine fast schon fahrlässige Angewohnheit bei der Tatsache, dass sich die bevorzugten Nistplätze hoch oben an kleinen Felsvorsprüngen im Steilhang befinden.
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Das erklärte Ziel dieser Fahrt war der Aialik Gletscher, der - wie viele der Gletscher im Nationalpark - direkt ins Meer kalbt. Die Besonderheit dieses Gletschers ist aber, dass dieser seit Beginn der Aufzeichnungen nicht geschrumpft ist. Die Höhe der Eiswand kann, aufgrund der relativ hohen Fließgeschwindigkeit des Gletschers, täglich variieren und liegt zwischen 300 und 400 Fuß. Erst auf den zweiten Blick und beim näherkommen lässt sich die gewaltige Größe dieses Flusses aus Eis auch nur ansatzweise erahnen. Ohne Referenz kann man die Abmessungen nur sehr schwer begreifen. Erst eine Woche vor unserem Besuch, musste eine Cessna 185 auf einem Strand direkt neben dem Gletscher notlanden. Beim Landeversuch berührte der Propeller den Boden und die Maschine grub sich mit dem Bug im Boden ein. Der Pilot wurde gerettet, aber die Maschine sitzt seitdem fest und wird es wohl auch weiterhin. Für uns bietet das Wrack ein interessantes Fotomotiv und eine gute Referenz um die Größe des Gletschers besser zu erfassen.
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Als wir näher an den Gletscher herankamen stoppte unser Skipper die Maschinen und ließ das Boot einige 100 Meter von der Gletscherkante entfernt treiben. In der Bucht war es fast windstill und das Meer war spiegelglatt. Damit waren die einzigen Geräusche, die wir hörten, das Ächtzen des Gletschers, wenn er sich über den felsigen Grund weiterschob, das Knacken und Stöhnen, wenn gewaltige Eiskolosse aneinander reiben und das Krachen, begleitet von einem gewaltigen Platschen, wenn Eisbrocken, groß wie Schulbusse, vom Rand des Gletschers ins Meer stürzten. Erst beim zweiten Hinsehen erkannten wir eine ganze Horde Robben, die sich vor der Wand aus Eis auf Eisschollen ausruhten und in der Sonne lagen, oder im trüben Wasser auf Beutezug waren.
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Eine ganze Weile konnten wir diese einmalige Atmosphäre genießen, bevor die Motoren wieder starteten und wir uns langsam wieder auf den Rückweg machten. Beim Verlassen der Aialik Bucht sagte uns noch eine Seeotterdame mit ihrem Baby Hallo. Mit voller Fahrt ging es entlang der unzähligen, aus dem Wasser aufragenden, schneebedeckten Berge und von Wald umgebenen Buchten zurück Richtung Seward. Kurz vor der EInfahrt in die Resurrection Bay, an dessen Ende Seward liegt, drosselte unser Skipper die Maschinen und riss das Ruder herum. Er hatte etwas am Horizont entdeckt. Mehrere schwarze Finnen erhoben sich aus dem Wasser und kamen mit großer Geschwindigkeit auf uns zu. Eine Gruppe Orcas, angeführt von einem gewaltigen Männchen schwamm in Richtung unseres Schiffes. In einer Entfernung von ca. 100 Metern zu den Meeressäugern stoppte der Kapitän die Maschinen und ließ die Tiere entscheiden, ob sie sich uns nähern wollten, oder nicht. Bis auf wenige Meter schwammen die Tiere langsam an uns heran, drehten dann ab und namen Kurs auf die Einmündung in die Bucht. Ein wirklich außergewöhnliches Gefühl, diesen intelligenten Tieren so nah kommen zu dürfen.
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Wir versuchten, die Orcas in der Bucht erneut zu finden, hatten aber kein Glück. Umsomehr freuten wir uns natürlich, die Orcas zuvor gesehen haben zu dürfen, zumal außer uns kein anderes Boot in der Nähe war, was bei der Menge an Schiffen in diesen Gewässern, schon fast an ein Wunder grenzt. So durften wir die Gesellschaft der Wale ganz alleine genießen, was das Erlebnis nochmal umso schöner macht. Danach ging es für uns wieder zurück zum Hafen und eine unvergessliche Tour zu den Schönheiten des Kenai Fjord Nationalparks ging zu Ende. Insgesamt hat unsere Fahrt fast sieben Stunden gedauert (bei geplanten sechs) und hat uns pro Erwachsenem ca. 180$ gekostet. Aber die Erlebnisse waren unbezahlbar.
Zum Abschluss des Tages wollten wir gemeinsam essen gehen. Zum Einen hatte von uns niemand mehr wirklich Lust zu kochen, zum Anderen wollten wir natürlich auch die lokalen Spezialitäten, also hauptsächlich frischen Fisch, kosten. Unsere Wahl fiel auf das Restaurant "The Highliner" und neben den üblichen Amerikanischen Klassikern wie Burger, Spare Rips und Fries bot dieser Laden auch regionalen fangfrischen Fisch wie Heilbut und Lachs an. Als Zubereitungsart konnte man dabei zwischen klassisch gegrillt und "blackened", also "geschwärzt" wählen. Dabei wird Butter in einer sehr heißen Pfanne geschmolzen, danach die Hitze weggenommen und der Fisch dann darin gegart. Bei dem Wort blackened stellte ich mir ein verkohltes Brikett vor was mich eher davon abhielt die Zubereitung zu wählen, allerdings sollte man sich bei der Auswahl nicht unbedingt von seiner Vorstellung in die Irre führen lassen denn im Nachhinein sah das, was bei meinem Bruder auf dem Teller lag wirklich appetitlich und in keinster Weise schwarz aus. Auf der Karte standen außerdem Königskrabben, die mit zerlassener Butter gereicht wurden und zm tagesaktuellen Preis angeboten wurden. Julia wollte diese Spätzialität schon lange einmal probieren und so orderten wir 2 Pfund (ca. 1kg) als Vorspeise. Bekommen haben wir ganze zwei Beine, die nun erstmal mit Zange und einem an einen Dosenöffner erinnerndes Werkzeug bearbeitet werden wollten um an das wirklich sehr lecker schmeckende Fleisch zu kommen. Der Geschmack war leicht süßlich, gleichzeitig nussig und sehr zart. Ob sich die 90$ pro Pfund gelohnt hatten weiß ich nicht, aber wann hat man schon mal die Möglichkeit eine solche Späzialität zu testen?
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