Candor
Bevor wir unser nächstes Etappenziel, den Lake Ontario im Norden des Bundesstaates New York erreichten, legten wir noch ein paar Zwischenstopps im eher ländlich geprägten Westen des Staates ein. Da New York freies Stehen und Wildcampen strikt verbietet und besonders in der Ferienzeit auch streng kontrolliert, haben wir unsere Mitgliedschaft bei Harvest Host und Boondockers genutzt, um einen Stellplatz bei Privatpersonen zu bekommen. Kurz nach der Grenze zwischen Pennsylvania und New York fanden wir einen Stellplatz auf dem Feld bei einer Ziegenfarm in der Nähe der Kleinstadt Candor. Hier bieten die Besitzer in einem kleinen Hofladen ihre eigenen Produkte an. Natürlich Ziegenmilch und Käse, aber auch selbst gemachte Marmelade, Leberwurst und einen der besten Blaubeer - Cheesecake, den wir je gegessen haben. Ganz in der Nähe fanden wir außerdem einen kleinen Laden, der sich auf europäische, insbesondere osteuropäische Lebensmittel spezialisiert hat. Hier sollte es angeblich frisches Sauerteig-Roggenbrot geben. Etwas skeptisch haben wir ein noch warmes Brot gekauft und abends mit dem erstandenen Ziegenfrischkäse und der erstaunlich guten Leberwurst probiert. Das war insgesamt die leckerste Brotzeit seit Beginn unserer Reise und wir mussten wirklich aufpassen, nicht alles aufeinmal leer zu futtern.
Taughannock-Falls und Syracuse
Von Candor aus fuhren wir weiter nach Norden zu den sogenannten Finger Lakes. Die fünf Seen tragen diesen Namen zu Recht. Von oben betrachtet erinnern die fünf nebeneinander liegenden langgezogenen Seen an Kratzspuren, die eine gigantische Klaue vor Urzeiten im hügeligen Boden der Region hinterlassen hat. Am Cayuga Lake, dem längsten der fünf Seen machten wir auf unserer Fahrt nach Norden im Taughannock-Falls State Park Halt, um uns den namensgebenden Wasserfall während einer kleinen Wanderung anzuschauen. Der eher flache und gut ausgebaute Weg führt ungefähr 3 Kilometer entlang des Taughannock Creek und endet schließlich an einer halbrunden Felssteilwand, von der er sich von dort 66 Meter in die Tiefe stürzt.
Auf dem großzügigen Spielplatz am See konnte Jakob danach noch ausgelassen toben und einiges seiner "aufgestauten" Energie loswerden.
Nach diesem kurzen Zwischenstop fuhren wir weiter zu unserem nächsten Übernachtungsplatz bei Ira und Jake, einem äußerst netten älteren Ehepaar, östlich der Stadt Syracuse, in der Kleinstadt Cato. Hier durften wir auf dem weitläufigen Gelände stehen und haben sogar einen Strom- und Wasseranschluss kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Sogar unser Abwasser konnten wir ganz bequem in einen Abfluss im Boden laufen lassen. Am ersten Abend wurden wir von den beiden zu einem Eis eingeladen.
Zu allem Überfluss durften wir auch noch ihr Auto für Ausflüge in der Region benutzen. So konnten wir in den vier Tagen unter anderem nach Syracuse fahren und einen Tag am Onondaga Lake verbringen und das schöne Wetter geniesen.
Wir spazierten an der Uferpromenade entlang zum Yachthafen und Jakob konnte wieder einmal einen außerordentlich großzügigen Spielplatz unsicher machen.
Tags darauf fuhren wir nach Oswego. Die Stadt liegt direkt am Lake Ontario und wir erinnerten uns wieder daran wie wir auf der anderen Seite des riesigen Sees vor über einem Jahr noch fast am Anfang unserer Reise standen. Hier besuchten wir mit Jakob das örtliche Childrens Museum, in dem Jakob wieder einmal allerlei Spielzeug nutzen und Alltagssituationen nachspielen konnte.
Nach vier Nächten verließen wir Ira und Jake wieder und fuhren nur ca. 50 Kilometer weiter nach Nord-West um zu unserem nächsten Nachtplatz in Fair Heaven zu gelangen. An einer kleinen Bar, mitten in der Stadt durften wir zwei Nächte stehen bleiben, bevor wir zum Campground im Fair Heaven Beach State Park umziehen konnten. Hier wollten wir ein paar Tage am Strand entspannen.
Die kleine Bar entpuppte sich als richtiger Glücksgriff. Sehr gemütlich konnten wir bei einem Kaffee in den weichen Sesseln sitzen und dem Treiben auf der Straße vor dem Fenster zu schauen.
Im Garten konnten wir Cornhole spielen, die Getränke waren gut, am Wochenende wurde Live-Musik gespielt und nachts war es äußerst ruhig. Wir hatten eine schöne Zeit und Jakob hat schnell Anschluss gefunden.
Fair Heaven Beach State Park
Der Fair Heaven Beach State Park ist ein weitläufiges Waldgebiet mit mehreren Campgrounds, Mietcottages und BBQ-Stellen. Direkt am Lake Ontario gelegen bietet er mit seinen Steilklippen und schattigen Wanderwegen tolle Ausblicke über den See. Daneben gibt es für Kinder diverse Spielplätze. Zudem lädt ein toller Sandstrand zum Baden im - für unsere Gewohnheiten zugegebenermaßen - etwas kalten Wasser ein. Fürs Buddeln im Sand hat es für Jakob aber allemal gereicht.
Insgesamt drei Nächte blieben wir hier, nutzen die Zeit um zu grillen, zum Wandern und spielen.
Einen vollen Tag verbrachten wir am Strand. Weil der Weg zu Fuß zum Strand etwas zu weit war und ich ehrlich gesagt zu faul war die Fahrräder auszumotten, bemühten wir unsere Dori den schmalen und steilen Weg vom Campground, oben auf den Steilklippen, hinunter zum Strand. Hier konnten wir an den Dünen parken und von dort durch die Dünen zum Wasser gelangen. Da wir ja unseren gesamten Hausstand dabei hatten, konnten wir es uns hier natürlich so richtig gut gehen lassen. Kühlschrank und Co standen ja schließlich nur ein paar Meter entfernt.
Das Beste an diesem Stellplatz waren aber sicherlich die Sonnenuntergänge, die den See und den Himmel zum Leuchten brachten.
Viel zu schnell war die Zeit hier für uns mal wieder vorbei und wir verließen diesen tollen Ort, um zu unserem nächsten Punkt auf unserer Route gen Norden zu gelangen. Nach einem Einkaufs- und Wäschestopp im bereits bekannten Oswego fuhren wir bis an das östliche Ufer des Lake Ontario, knapp unterhalb des Abflusses des Sankt-Lorenz-Stroms aus dem Wassergeflecht der großen Seen. Dort fanden wir einen Stellplatz an einer spärlich befahrenen Straße , in Laufnähe zum See und sehr ruhig gelegen. Hier sollte uns keine Menschenseele stören. Einzig die Stechmücken fanden zu Hauf an uns Gefallen, sodass wir uns häufig eher drinnen aufhielten. Trotzdem zog es uns des öfteren zum Wasser, oder wir nutzten die Zeit und Ruhe zum Kochen auf offenem Feuer, arbeiten an Website und den inzwischen massenhaft vorhandenen Bildern, die wir von unseren Abenteuern mitgenommen haben.
Wellesley Islands State Park
Unser vorerst letztes Etappenziel in den Vereinigten Staaten erreichten wir kurz vor der Grenze nach Kanada auf Wellesley Island. Der gleichnamige State Park ist der größte der unzähligen State Parks im gesamten Bundesstaat New York. Hier bekamen wir zum Ende der Ferienzeit trotz allem noch einen Platz für vier Nächte auf einem der Campgrounds. Mitten im 1000 Islands Gebiet des Sankt-Lorenz-Stroms gelegen, bietet dieser Park unzählige Möglichkeiten die einzigartige Landschaft zu geniesen. Auf Wanderungen entlang der zerklüfteten Küste kann man die Natur wohl am besten erleben. Bei einer Bootsfahrt entlang der zahllosen Inseln wiederum die Schönheit der Landschaft wohl am eindrucksvollsten kennen lernen. Da die Wettervorhersage für die kommen Tage allerdings eher auf Regen hindeutete, verzichteten wir auf einen Trip auf dem Wasser und unternahmen stattdessen eine Wanderung entlang des Ufertrails. Der Weg startet am liebevoll gestalteten Minna Anthony Common Nature Center und führt über sechs Meilen entlang der Küste um die Halbinsel südlich der Eel Bay herum. Um zum Ausgangspunkt des Trails zu gelangen, reaktivierten wir nun doch unsere Fahrräder und zogen Jakob im Fahrradanhänger hinter uns her. Vom Trail durften wir grandiose Aussichten auf den Sankt-Lorenz-Strom und den 1000 Islands Park genießen und bei einer Mittagspause auf einer Steilklippe oberhalb des Wassers, die Sommerhäuser und Villen der Millionair Row bewundern.
Die restliche Zeit nutzten wir erneut für Strandbesuche und kleinere Erkundungen der vielzähligen Ecken des Parkes.
Viel zu schnell gingen auch diese vier Tage vorbei und wir verließen Wellesley Island und damit auch die USA in Richtung Norden.
In Kanada begaben wir uns nun auf die letzte Etappe unserer großen Reise und hier sollte sich auch der Kreis unserer Route schließen, planten wir doch wieder einmal in Cornwall Halt zu machen, das wir bereits letztes Jahr auf unserem Weg gen Westen schon einmal besucht hatten. Von hier aus wollten wir uns nach Montréal aufmachen, wo wir uns mit Freunden aus Deutschland treffen wollten, um mit ihnen für zwei Wochen gemeinsam Quebèc zu erkunden.